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Warum Sie bei Bauverträgen keine zu niedrigen Zuschlagssatz für Nachträge akzeptieren sollten – aus Sicht des Auftragnehmers

Autorenbild: Rainer ProkschRainer Proksch

Als Claim Manager sehe ich täglich die Konsequenzen von schlecht verhandelten Bauverträgen. Ein besonders kritischer Punkt ist der Zuschlagssatz für Nachträge, insbesondere wenn dieser pauschal und gleichzeitig zu niedrig angesetzt wird. Dieser Artikel soll Bauunternehmen und Auftragnehmer davor warnen, sich auf solche Vereinbarungen einzulassen, und die potenziellen Risiken aufzeigen vor allem, wenn andere Abrechnungsmethoden dabei ausgeschlossen werden.


Das Problem: Unterschätzte Kosten bei Nachträgen

Oftmals wird bei Vertragsabschluss von beiden Parteien von geringfügigen Nachträgen ausgegangen. Infolgedessen wird ein niedriger pauschaler Zuschlag vereinbart, der vermeintlich alle Kosten abdeckt. Dieser Zuschlag soll in der Regel Gemeinkosten, Wagnis und Gewinn sowie die Kosten für die Projekt- und Bauleitung umfassen.


Das Trugbild: „Das machen wir mal eben nebenbei“


Die Annahme, dass Projekt- und Bauleiter die Bearbeitung von Nachträgen „nebenbei“ erledigen können, ist jedoch gefährlich. Bei unerwartet umfangreichen Nachträgen, wie sie in der Praxis häufig vorkommen, steigt der Aufwand für die Projekt- und Bauleitung exponentiell. Die Folge:

  • Überlastung des vorhandenen Personals: Die Projekt- und Bauleiter sind mit den zusätzlichen Aufgaben überfordert und können ihre eigentlichen Aufgaben nicht mehr effizient erfüllen.

  • Qualitätsverluste: Die Qualität der Projektsteuerung und Bauleitung leidet unter der Mehrbelastung, was zu Fehlern, Verzögerungen und weiteren Problemen führen kann.

  • Notwendigkeit zusätzlicher Ressourcen: Um die Nachträge professionell abzuwickeln, müssen zusätzliche Mitarbeiter eingestellt oder externe Dienstleister beauftragt werden. Hier entstehen sogenannte „Sprungfixkosten“, d.h. Kosten, die sprunghaft ansteigen, sobald eine bestimmte Auslastungsgrenze überschritten wird.


Die Falle des niedrigen Zuschlagssatzes

Der im Vertrag vereinbarte niedrige Zuschlagssatz deckt diese zusätzlichen Kosten nicht ab. Der Auftragnehmer bleibt auf den Mehrkosten sitzen und erleidet dadurch finanzielle Einbußen. Im schlimmsten Fall kann dies sogar die Rentabilität des gesamten Projekts gefährden.


Argumente für realistische Zuschlagssätze

Als Claim Manager rate ich dringend dazu, bei der Verhandlung von Bauverträgen auf realistische Zuschlagssätze für Nachträge zu achten. Folgende Argumente sollten Sie in den Verhandlungen vorbringen:

  • Tatsächlicher Aufwand: Betonen Sie, dass der Aufwand für die Bearbeitung von Nachträgen stark vom Umfang und der Komplexität der Nachträge abhängt. Ein pauschaler Zuschlag wird diesem Umstand nicht gerecht.

  • Personalressourcen: Weisen Sie darauf hin, dass umfangreiche Nachträge zusätzliche Personalressourcen erfordern und diese Kosten im Zuschlag berücksichtigt werden müssen.

  • Risikobetrachtung: Machen Sie deutlich, dass ein zu niedriger Zuschlag das Risiko für den Auftragnehmer erhöht, Verluste zu erleiden.

  • Transparente Kalkulation: Legen Sie eine transparente Kalkulation vor, die die Kosten für Projekt- und Bauleitung, Gemeinkosten, Wagnis und Gewinn detailliert aufschlüsselt.


Empfehlungen für die Vertragsgestaltung

Um sich vor den genannten Risiken zu schützen, empfehle ich folgende Vorgehensweise:

  • Flexible Zuschlagsregelung: Vereinbaren Sie keine starren pauschalen Zuschläge, sondern eine flexible Regelung, die den tatsächlichen Aufwand berücksichtigt. Beispielsweise könnte der Zuschlag in Abhängigkeit vom Umfang der Nachträge oder dem zusätzlichen Personalaufwand gestaffelt werden.

  • Separate Vergütung für Projekt- und Bauleitung: Erwägen Sie, die Kosten für Projekt- und Bauleitung bei Nachträgen separat zu vergüten, anstatt sie in einen pauschalen Zuschlag einzubeziehen.

  • Detaillierte Leistungsbeschreibung: Eine detaillierte Leistungsbeschreibung im Vertrag minimiert das Risiko von Nachträgen und damit auch das Risiko unvorhergesehener Kosten.

  • Frühzeitige Kommunikation: Eine offene und frühzeitige Kommunikation mit dem Auftraggeber über mögliche Nachträge und deren Kosten ist entscheidend, um Konflikte zu vermeiden.


Fazit

Ein zu niedriger Zuschlagssatz für Nachträge kann für Bauunternehmen und Auftragnehmer fatale Folgen haben. Nehmen Sie dieses Thema bei Vertragsverhandlungen ernst und setzen Sie sich für realistische und faire Konditionen ein. Eine transparente Kalkulation und eine flexible Vertragsgestaltung sind der beste Schutz vor unvorhergesehenen Kosten und finanziellen Einbußen. Als Claim Manager stehe ich Ihnen gerne beratend zur Seite, um Ihre Verträge optimal zu gestalten und Ihre Ansprüche im Falle von Nachträgen durchzusetzen.

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